La dolce vita my ass
Samstag vor zwei Wochen, es wird es nach über 3.500 Kilometern an der Ostküste Zeit, den gemieteten Van wieder abzugeben. Vorher wie vereinbart noch volltanken und reinigen. Ersteres gelingt nach einigen suchenden Runden durch Mascot, dem in Flughafennähe gelegene Viertel im Süden Sydneys, mit dem durchsaugen wird es schwieriger. Eine Münze in einen Staubsauger zu schmeißen ist in Australien eher unbekannt. Bei den hart geprüften Pickups auf dem Land wäre es vergebene Liebesmüh, in den Städten hingegen lässt man waschen.
Ein paar Blocks weiter finden wir eine Autowäscherei, die für 40 Dollar, also entsprechend nicht viel weniger Euros, eine Wäsche plus Innenreinigung offeriert. Der Angestellte bemerkt mein unwillkürliches Zucken angesichts des Preises, ist doch das Reisebudget jetzt am Tag vor dem Heimflug in etwa so strikt im Plan wie der griechische Staatshaushalt. Von sich aus geht er auf 35 Dollar runter und legt noch einen Kaffee aus dem angeschlossenen Bistro für die geschätzte Wartezeit drauf.Was solls, eine Wahl habe ich nicht, die Rückgabe eines schmutzigen Wagens würde noch mit ganz anderen Summen zu Buche schlagen.Wir packen unseren restlichen Kram zusammen und holen uns den Kaffee an einen der beiden Bistrotische raus, das Getränk wird tatsächlich von einem Barista mit einer italienischen Maschine gemacht und schmeckt vorzüglich. Nach fünfzehn Minuten wird der Wagen blitzblank gewaschen vor die Halle gefahren, wo ein weiterer Mitarbeiter sich um das innere kümmert. Der erste Angestellte lässt es locker gehen, kommt zu uns rüber und schnorrt eine Zigarette bei meiner Begleiterin. |
Sein Name ist Nico, ich schätze ihn auf vielleicht Mitte dreißig. Vor zwölf Jahren ist er aus Turin nach Australien ausgewandert. Wo es für uns hin geht will er wissen. Bei meiner Antwort, das morgen der Flieger nach Frankfurt abhebt, schaudert er.
«Warum bleibt ihr nicht hier? Das Wetter ist besser, das Leben viel entspannter.» Aber eben auch deutlich teurer, verglichen mit zu Hause, wende ich ein. «Kann schon sein, aber Du verdienst auch mehr, mit weniger Streß. Wenn ich es locker gehen lasse komme ich auf 1.000 Dollar die Woche und wenn ich Gas gebe auf das doppelte. Ganz wie mir ist.» Nach Europa zurück zu gehen kann er sich nicht mehr vorstellen. Alle zwei Jahre fliegt er für zwei Wochen zur Familie nach Hause und sei jedes Mal froh, wenn er wieder auf die Südhalbkugel zurückkehre. «Mate, das macht mich fertig da. Die Stimmung, die Politik, das Wetter. Krise. Zwei Jahre später: Immer noch Krise. Letztes Jahr: Krise noch viel schlimmer. Crisis all the time, man! La dolce vita? La dolce vita my ass! Die beste Entscheidung meines Lebens war, hier runter zu kommen. Mit dem Gedanken daran wache ich jeden Morgen lächelnd auf. La dolce vita, das ist hier.» Ich grinse. Man könnte mal darüber nachdenken. Wie man es sich so oft sagt. Er bemerkt das irgendwie, lacht. «Du lachst. Ich weiß, auswandern hört sich erstmal schräg an. Bis man sich mal wirklich etwas Zeit nimmt um unvoreingenommen darüber nachzudenken.» |
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